Viele Pflegebedürftige in Deutschland werden allein durch Angehörige gepflegt. Viele unterschätzen dabei die körperlichen und organisatorischen Herausforderungen, aber auch die seelische Belastung. Welche Unterstützungsmöglichkeiten pflegende Angehörige nutzen und wie sie mit den psychischen Herausforderungen umgehen können, weiß Pflegeexperte Dirk Görgenlegende Angehörige?
Kommt es zu einem Pflegefall in der Familie, ist das für die Betroffenen, aber auch für die Angehörigen ein schwerer Schlag. Um den Pflegebedürftigen nicht aus seiner gewohnten Umgebung zu reißen, entscheiden sich viele Familien für die Pflege zu Hause. Die wenigsten erhalten dabei Unterstützung von Pflegediensten.
„Wer über einen längeren Zeitraum einen Menschen pflegt, kommt irgendwann an seine seelischen und körperlichen Grenzen. Die Belastungen soll. te niemand unterschätzen“, so Görgen. Das Heben, Lagern und Stützen des Pflegebedürftigen kann langfristig zu Rücken- und Gelenkproblemen führen.
Zu den körperlichen Auswirkungen kommt die psychische Belastung: Pflegende Angehörige, die erste Warnsignale wie Erschöpfung und wiederkehrende Stimmungstiefs bei sich feststellen, sollten sie ernst nehmen und sich Hilfe suchen. Im schlimmsten Fall kann es sonst zu einer Depression kommen.
Weitere Symptome, die auf eine körperliche oder seelische Belastung hinweisen können, sind zum Beispiel andauernde Kopf-, Nacken-, Kiefer- oder Schulterschmerzen, Anfälligkeit für Infektionen, Verdauungsprobleme, Schlafstörungen, Nervosität, Reizbarkeit oder Konzentrationsschwierigkeiten.
Entlastungsangebote annehmen
Damit es gar nicht erst so weit kommt, empfiehlt Görgen pflegenden Angehörigen, Entlastungangebote wahrzunehmen. „Es gibt viele unterschiedliche Unterstützungsmöglichkeiten, die Angehörigen helfen, regelmäßig Zeit für sich selbst zu haben, sich zu entspannen und so die eigene Gesundheit zu schützen“, sagt der Pflegeexperte. Eine Möglichkeit: die sogenannte Verhinderungspflege. Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2 haben darauf jährlich bis zu sechs Wochen Anspruch. Eine regelmäBige Inanspruchnahme von professioneller Tages- und Nachtpflege durch Pflegeeinrichtungen kann ebenfalls Erleichterung bringen. Oder ein gemeinsamer Urlaub mit dem Pflegebedürftigen, passende Angebote gibt es beispielsweise bei speziellen Pflegereiseveranstaltern und -hotels. Auch die Unterstützung von Besuchs- und Betreuungsdiensten durch Ehrenamtliche oder professionelle Pfleger für einige Stunden in der Woche kann Angehörige entlasten. Die Pflege eines Angehörigen nimmt viel Zeit in Anspruch und wird allzu oft neuer Lebensmittelpunkt. Viele vernachlässigen dadurch ihre eigenen Bedürfnisse. „Doch genau dann ist es besonders wichtig, sich Zeit für soziale Kontakte und Hobbys zu nehmen“, sagt Görgen. Sinnvoll in dieser Situation können auch Selbsthilfegruppen oder Gesprächskreise sein, in denen ein Austausch mit anderen pflegenden Angehörigen möglich ist. Angebote finden Interessierte in der Datenbank der "Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS)“.
Anspruch auf Kur
Was viele nicht wissen: Pflegende Angehörige haben Anspruch auf eine Kur. Die dreiwöchige Kur beinhaltet unter anderem Therapien, Sport, Entspannung, Stressbewältigung sowie eine Einschätzung und Bewertung der häuslichen Pflege situation. Die Versorgung des Pflegebedürftigen kann während dieser Zeit beispielsweise über eine Kurzzeitpflege organisiert werden. (Ergo Group)